Nach Mitternacht
nach dem gleichnamigen Roman von Irmgard Keun für die Bühne bearbeitet von Cosmea Spellekennach dem gleichnamigen Roman von Irmgard Keun für die Bühne bearbeitet von Cosmea Spelleken
Inhalt
«Nach Mitternacht» erzählt von zwei Tagen im Jahr 1936. Die neunzehnjährige Sanna flieht zu ihrem Bruder Algin, einem mit Schreibverbot belegten Autor. Zwischen Feiern, Cafés und Kneipen erkennt sie die wachsende ideologische Vereinnahmung ihres direkten Umfelds. Keuns Exilroman schildert den faschistischen Alltag eindringlich – ihr zweiter internationaler Erfolg nach «Das kunstseidene Mädchen».
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«Nach Mitternacht» erzählt von zwei Tagen im Jahr 1936. In dieser kurzen Zeitspanne verdichtet sich für die neunzehnjährige Sanna eine neue Realität: Denunziation wird zur sozialen Währung, Gewalt zur Normalität. Die junge Protagonistin muss ihren Geliebten Franz zurücklassen und flieht zu ihrem Bruder Algin, einem einst gefeierten Schriftsteller der Weimarer Republik, der inzwischen mit Schreibverbot belegt ist. In Algins luxuriöser Künstlerwohnung trifft sie auf eine Gesellschaft, die sich zwischen exzessiven Festen, Cafébesuchen und intellektuellen Diskussionen nur scheinbar vom aufziehenden Schrecken abgrenzen kann. Sanna beginnt, die ideologische Durchdringung ihres Umfelds zu begreifen – sei es in der Liebe ihrer Freundin Gerti zu dem jüdischen Dieter Aaron, die an den Rassegesetzen zerbricht, oder in der Denunziation durch die eigene Tante, die sie wegen kritischer Äußerungen zur NS-Propaganda bei der Gestapo meldet. Der Alltag wird zunehmend von Angst, Kontrolle und Opportunismus geprägt. Als Franz fliehen muss, trifft auch Sanna eine Entscheidung: Sie begleitet ihn ins Ungewisse. Nach Mitternacht beginnt ein anderes Leben.
Irmgard Keun veröffentlichte «Nach Mitternacht» 1937 im Exil. Die wesentlichen Teile des Romans entstanden jedoch noch im nationalsozialistischen Deutschland – was ihm eine besondere Unmittelbarkeit verleiht. Die Autorin entwirft darin das Bild einer jungen Frau, die in einer zutiefst widersprüchlichen Gesellschaft ihre Rolle sucht – zwischen Anpassung und Aufbegehren. Keuns Figuren sind keine Held*innen oder Monster, sie sind Menschen, wie wir sie kennen: aus Familien, Freundeskreisen, Ämtern, Kneipen. Sie werden zu Mittäter*innen oder Widerständler*innen – nicht aus Überzeugung, sondern weil sie schlicht ihr Leben leben wollen.
In ihrer ersten Inszenierung am Residenztheater bringt Cosmea Spelleken, deren Arbeiten an der Schnittstelle von Film, Theater und Medienkunst entstehen, Keuns kraftvolle Darstellung der «deutschen Wirklichkeit» im NS-Staat auf die Bühne. Klaus Mann schrieb 1937 über Keuns Roman: «Ein Schauder läuft uns über den Rücken … es ist jammervoll, schandbar und unerträglich, dass die Wahrheit so aussieht.»