Yvonne, Prinzessin von Burgund
von Witold Gombrowiczvon Witold Gombrowicz
«Sagen wir, jemand kommt zu dir und sagt dir, du bist so und so eine Person, sagt dir die schlimmsten, entsetzlichsten Dinge, Dinge, die einen Menschen umbringen, einfach fertigmachen, die einem die Sprache und das Leben verschlagen. Und du sagst dann: Ja, so bin ich, das ist wahr, aber ... Aber was?» – Mit diesen Worten versucht Prinz Philipp seine frisch verlobte Yvonne aus der Reserve zu locken, beschreibt damit aber auch die wesentliche Stückhandlung des Erstlingswerks des polnischen Autors Witold Gombrowicz. Geschrieben 1935, wurde es erst in den 1960er-Jahren für die Bühne entdeckt und damals vor allem in der Tradition des absurden Theaters interpretiert. Denn Gombrowicz entzieht seine Titelfigur jeder Kategorisierung: Sie schweigt, lässt alle Demütigungen scheinbar unbewegt über sich ergehen und schluckt schließlich widerstandslos die Gräte, die der Königshof ihr mit mörderischer Absicht serviert. Dass der Prinz sie an den Hof bringt, um seine Eltern und den ganzen verknöcherten Hofstaat zu brüskieren und ihr Herrschaftsmodell für beendet zu erklären, gerät schnell in Vergessenheit, denn bald wird auch er zu einem ihrer Peiniger*innen.
Gombrowicz konturiert Yvonnes Identität kaum, die Engstirnigkeit, Wut und Gewalt, mit der sie ausgeschlossen wird, demaskiert er umso deutlicher. Gombrowicz reflektiert in diesem Stück, das er selbst als Komödie bezeichnete, auch die totalitären Zurüstungen und Unterdrückungsmechanismen seiner Zeit, die der junge polnische Regisseur Wiktor Bagiński für die Gegenwart neu auslegt.
«Yvonne ist ein Opfer. Aber sie ist auch eine Beobachterin. Ihr Schweigen ist nicht passiv, sie kämpft für das MENSCHLICHE und deshalb wird sie zum Objekt von Spott und Sticheleien. Für die Aristokratie im Stück sind nur der Name, die Herkunft entscheidend, sie reduziert Menschen darauf. Für Yvonne hingegen zählt nur das nackte Leben. Aber vor allem ist sie die personifizierte Erinnerung daran, dass die Leute am Ende Hass kaufen, wenn wir mit Liebe Handel treiben.» Wiktor Bagiński