DRITTES LEVEL: INTERVIEW MIT DEM AUTOR Roland Schimmelpfennig

Der Theaterautor Roland Schimmelpfennig, geboren 1967 in Göttingen, ist einer der meistgespielten zeitgenössischen Dramatiker. Seine Stücke wurden weltweit gespielt und vielfach ausgezeichnet. Mit dem Residenztheater hat er bereits mehrmals zusammengearbeitet und dort auch einige seiner Stücke zur Uraufführung gebracht. Für sein Debütstück für junges Publikum «Die Biene im Kopf», uraufgeführt 2016 im Consoltheater Gelsenkirchen, haben wir mit ihm über die Möglichkeiten der Phantasie, prägende Theaterkünstler*innen und den Widerstand im Inneren gesprochen.

 

«Die Biene im Kopf» war Ihr erstes Theaterstück für junges Publikum – wie unterscheidet sich das Schreiben für Kinder von dem für Erwachsene?

Es unterscheidet sich aus meiner Sicht kaum, außer vielleicht in der Länge. Sowohl im «Kindertheater» wie im Theater für Erwachsene versuche ich, das Publikum mit auf eine Reise zu nehmen, auf der es seine «Realität» im Alltag überprüfen kann und etwas für sich entdeckt − und auf der es auch in seiner Phantasie gefordert wird.

 

Ein Kind – drei Stimmen: Warum haben sie sich für diese Erzählform entschieden?

Das hatte viele Gründe. Ich glaube, ich wollte nicht den einen Erzähler oder die eine Erzählerin, der oder die alles schon weiß. Ich suchte nach Ergänzungen, Widersprüchen, und auch Zuspruch in der Gruppe des Ensembles, das in gewisser Weise mit dem Publikum verschmilzt. Ich wollte den Prozess einer gemeinsamen Erzählung auf die Bühne holen − ein bisschen so, als ob wir dabei wären, wie wenn Kinder beim Spiel eine Geschichte erfinden, nur daß diese Geschichte ständig zwischen ganz unterschiedlichen Ebenen springt.

 

Was war Ihr erstes prägendes Theater-erlebnis?

Eines der ersten prägenden Theater-erlebnisse war sicher «Die Reise um die Welt in 80 Tagen» im Deutschen Theater in Göttingen. Kulissen! Doppelrollen! Für mich ging mit der Aufführung wirklich eine Welt auf. Ebenso wichtig: Puppentheater, im kleinen, zuhause, und auf der «richtigen» Bühne vor allem das Prager Marionettentheater, Spejbel und Hurvinek, damit ging vermutlich alles los.

 

In der Psychologie wird Imagination als ein wichtiger Baustein von Resilienz gesehen: Kann Theater zu dieser Wider-standsfähigkeit beitragen?

Wenn Theater an sich selbst den Anspruch stellt, Horizonte und Vorstellungsräume zu erweitern oder unter Umständen sogar auch erst zu eröffnen, dann ist es kostbar und kann zu einer unschätzbar wichtigen Erfahrung für das junge Publikum werden. Phantasie ist ein enorm wichtiges Werkzeug. Sie macht uns stark. Sie öffnet Wege.

 

Sich durch den Alltag mithilfe der Phantasie retten: Ist das für Sie ein bekanntes oder imaginiertes Thema?

Für mich persönlich? Ein bekanntes Thema.

 

Gibt es etwas, das Sie sich wünschen, das Kinder und Erwachsene aus Ihrem Stück mitnehmen?

Mut.


Das Interview führten Elisabeth Kerschbaumer und Linda Nerlich.