Nora Schlocker
Geboren in Rum (Österreich), studierte sie Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Als Hausregisseurin war sie 2008 bis 2011 am Deutschen Nationaltheater Weimar, von 2011 bis 2014 am Düsseldorfer Schauspielhaus sowie von 2015 bis 2020 am Theater Basel engagiert. Außerdem inszenierte sie am Maxim Gorki Theater Berlin, am Schauspielhaus Wien, am Staatstheater Stuttgart, am Residenztheater München, am Centraltheater Leipzig, am Staatsschauspiel Dresden, am Deutschen Theater Berlin und am Schauspielhaus Bochum. Zuletzt hatte ihre Inszenierung «Blank» von Alice Birch am Schauspielhaus Bochum Premiere.
Seit der Spielzeit 2019/2020 ist sie Hausregisseurin am Residenztheater, wo sie 2019 «Die Verlorenen» von Ewald Palmetshofer sowie Roland Schimmelpfennigs «Der Kreis um die Sonne» uraufführte. Für das Format «Resi zoomt» inszenierte sie «Superspreader» von Albert Ostermaier (2020) und von Davide Enia in der deutschsprachigen Erstaufführung «Finsternis» (2021), das sie 2021/2022 für die Residenztheater-Bühne adaptierte. Es folgten im Cuvilliéstheater ihre Regiearbeit «Agnes Bernauer», im Residenztheater «Der Turm» von Hugo von Hofmannsthal sowie im Marstall «Der Entrepreneur», Uraufführung von Kevin Rittberger.
In der Spielzeit 2023/2024 inszeniert sie am Residenztheater «Prima Facie» von Suzie Miller und «Maria Stuart» von Friedrich Schiller.
Stücke
«Agnes Bernauer», uraufgeführt 1977 in der DDR, beginnt als Märchen im Zeitraffer. Die Folie des Märchens dient Franz Xaver Kroetz als Mittel, gesellschaftliche Verhältnisse unter die Lupe zu nehmen. Die empathische und engagierte Agnes Bernauer muss ihr Gewissen befragen, ob es ein richtiges Leben im falschen geben kann.
Agnes BernauerDer titelgebende Entrepreneur hat etwas unternommen: Er hat seine Traditionsfirma an ein Syndikat abgetreten. Der Betrieb gehört nun zu gleichen Teilen allen Mitarbeitenden, Hierarchien wurden weitestgehend abgeschafft. Er selbst arbeitet fortan stundenweise für das Gemeinwohl und löst dadurch noch mehr Unverständnis und Entsetzen bei seinen ehemaligen Weggefährt*innen aus. Doch sein Model zieht Kreise. Schlagfertig und vergnüglich entwirft Kevin Rittberger in diesem Auftragswerk eine konkrete Utopie anderen Wirtschaftens und Lebens.
Der EntrepreneurDer italienische Schriftsteller Davide Enia wird von seinem deutschen Kollegen Albert Ostermaier zu einem Literaturfestival nach München eingeladen. Dieser schlägt ihm vor, einen Text über die Lage der Flüchtlinge in Süditalien mitzubringen – für den Sizilianer Enia Anlass, auf die Insel Lampedusa zu reisen, die er nur als Urlauber kennt. Spätestens im Oktober 2013 wurde diese durch ein Schiffsunglück mit Hunderten Toten zum erschreckenden Sinnbild des Unvermögens der Europäischen Union, das Sterben der Flüchtenden im Mittelmeer zu verhindern.
Enia verwebt die einschneidenden Erfahrungen auf Lampedusa und den drohenden Verlust des Onkels zu einer menschlichen und dichten Reflexion über die elementare Themen des Menschseins.
FinsternisMaria Stuart, die entthronte schottische Königin, sucht in England Asyl, findet sich aber alsbald in Festungshaft, da ihre Tante, die englische Königin Elisabeth Tudor, Ermittlungen gegen sie aufnimmt: Maria war angeblich im Alter von siebzehn Jahren in die Ermordung ihres Ehemanns verstrickt – so die offizielle Anklage, gerüchtehalber aber auch in ein ganz aktuelles Umsturzkomplott. Schiller zeichnet keine seiner Protagonistinnen in besonders schmeichelhaftem Licht: Maria als impulsive Verführerin, Elisabeth als eifersüchtige und entscheidungsscheue Regentin.
Maria StuartTessa Ensler ist eine knallharte Strafverteidigerin. Mit Anfang dreißig hat sie geschafft, was die wenigsten ihr zugetraut hätten: den Weg aus einem Milieu ohne Privilegien an die Eliteuni und dann in die Topkanzlei. Ihre Königsdisziplin ist die Verteidigung in Fällen sexueller Übergriffe. Ist ihre Freispruchrate so hoch, weil sie eine Frau ist, wie geunkt wird? Oder weil sie so gut Lücken und Widersprüche in den Aussagen der weiblichen Opfer aufspürt?
Prima FacieVor dem Hintergrund der weltpolitischen Erschütterungen des Ersten Weltkriegs und des Untergangs der Monarchien stellt der österreichische Dramatiker Hugo von Hofmannsthal in «Der Turm», einem seiner zentralen Werke, das konventionelle Dramenkriterien sprengt und für die Bühne neu zu entdecken ist, die prinzipielle Legitimität von Machtausübung infrage und zeigt «den Einbruch chaotischer Kräfte in eine vom Geist nicht mehr getragene Ordnung».
Der Turm