Das Gefühl des Krieges

Am 12. März 2022 hätte in Kiew ein neues Theater der Autor*innen, geleitet von einem Kollektiv aus 20 ukrainischen Dramatiker*innen eröffnen sollen. Zu der Eröffnung des Theaters ist es nie gekommen. Statt sich mit Literatur zu beschäftigen, verteidigt Maksym Kurotchkin, der designierte künstlerische Leiter, nun mit der Waffe in der Hand seine Heimatstadt. Viele Autor*innen sind in die Nachbarländer oder weiter geflüchtet, andere harren freiwillig oder unfreiwillig in der Ukraine aus.

 

Für die Eröffnung des Theaters war eine Reihe von Kurzstücken geplant, zu deren Fertigstellung es niemals gekommen ist, stattdessen haben nun einige der Autor*innen Texte verfasst, die sich unmittelbar mit ihren Erfahrungen nach Kriegsausbruch auseinandersetzen: das Aufwachen in einer entsetzlichen neuen Realität, die Sorge um ihre Familien, die Sorge um sich selbst.

«Wir hoffen, dass unsere Texte in verschiedenen Teilen der Welt gehört werden. Es ist wichtig, die Wahrheit zu vermitteln, dass Russland ein Aggressor ist und verbrecherisch handelt, dass Zivilist*innen und Kinder sterben. Trotz manipulierter Falschinformationen, mit denen Russland die Welt füttert, gibt es Fakten, gibt es Zeug*innen der Verbrechen. Wir sehen und hören, dass Ukrainer*innen trotz ihrer Angst ihre Identität, ihre Unabhängigkeit, ihre Heimat verteidigen. Und das sind keine hehren Worte, das sind Tatsachen.», schreiben sie.

Bereits 70 Kulturinstitutionen aus 15 Ländern haben ihre Beteiligung an dem Projekt zugesagt – und ihre Zahl wächst. Das weltweite Lesungs-Projekt zugunsten von Theatermacher*innen in der Ukraine will den Autor*innen, denen der Krieg ihre Bühne geraubt hat, eine neue Plattform bieten.

 

Unter dem Titel «Das Gefühl des Krieges» haben sich deutsche und österreichische Theater zusammengeschlossen, um die ukrainischen Stimmen in der deutschen Übersetzung von Lydia Nagel zugänglich zu machen – neben dem Residenztheater sind das Staatstheater Augsburg, das Staatstheater Darmstadt, das Staatstheater Nürnberg, das Deutsche Nationaltheater Weimar, das Staatstheater Cottbus, das Theater an der Ruhr, das Theater Regensburg, das Theater Bielefeld, das Theater Ingolstadt, das E.T.A. Hoffmann Theater Bamberg, das Theater Erlangen, ARGEkultur Salzburg, das Werk X Wien, das Landestheater Tübingen, das ITZ im Tübinger Zimmertheater, das Landestheater Coburg, das Landestheater Schwaben, das Landestheater Eisenach und die Schaubühne Lindenfels Leipzig dabei. Jedes Theater setzt jeweils einen Text als Video und podcast um und teilt alle entstandenen Beiträge auf den Social Media-Kanälen und im gemeinsamen Youtube-Channel. Außerdem sind auf der Seite www.theatreofplaywrights.de alle Beiträge gesammelt zu finden.

 

Die Auftaktveranstaltung am Staatstheater Augsburg wird auf nachtkritik.de als Livestream übertragen. Am 5. Mai ab 19.30 Uhr finden Sie auf dieser Seite den Livestream und bereits jetzt das detaillierte Programm des Abends: https://nachtkritik.plus/de_DE/films/ukraine-special-das-gefuehl-des-krieges-le.20897

 

All das geschieht nicht nur, um auf die Lage der Ukrainer*innen aufmerksam zu machen, sondern die Autor*innen auch finanziell zu unterstützen und zu ihrem Lebensunterhalt in der prekären Situation, in der an Aufführungen ihrer Texte in ihrem Heimatland nicht zu denken ist, beizutragen. Elena Astaseva, Igor Bilytz, Natalia Blok, Andrii Bondarenko, Vitaly Chensky, Iryna Harets, Julia Gonchar, Oksana Grytsenko, Olena Hapieieva, Tetyana Kyzenko, Olga Maciupa, Oksana Savchenko, Lyudmila Tymoshenko und Natalya Vorozhbyt haben einen Fonds gegründet, für den Sie bequem hier von Deutschland aus und mit Spendenbescheinigung spenden können: https://www.betterplace.org/de/projects/109244-das-gefuehl-des-krieges-weltweites-lesungs-projekt