Der Feind im Inneren
Martin Kušej präsentiert seine Pläne für die Spielzeit 2015 16 am Residenztheater
Am 29. April 2015 stellte Intendant Martin Kušej im Rahmen einer Pressekonferenz sein Programm für die kommende Spielzeit 2015 16 am Residenztheater vor.
Dieser nächsten Saison werden fünf weitere Jahre unter Martin Kušej als Intendant des Residenztheaters folgen. Der bayerische Kunstminister Dr. Ludwig Spaenle gab gestern die Zustimmung des Ministerrats zur Vertragsverlängerung mit dem Intendanten bis 2021 bekannt. Martin Kušej sagte: "Ich bin hier auf keinen Fall fertig! Deshalb ist mir die Entscheidung, weiter in München zu arbeiten, sehr leicht gefallen. Das Residenztheater hat wieder seinen festen Platz in der ersten Riege deutscher Schauspielhäuser – diesen Erfolg will ich mit dem herausragenden Ensemble und den engagierten Mitarbeitern festigen und fortsetzen. Ich möchte weiter verändern und Neues entwickeln."
Durch die Arbeit der vergangenen dreieinhalb Jahre habe das Residenztheater wieder einen festen Platz in der ersten Riege der deutschen Schauspielhäuser eingenommen, so Martin Kušej. Nicht nur überregional wird das Residenztheater geschätzt: Die Gesamtauslastung in der aktuellen Spielzeit beträgt bisher 81,2 % (Stand: Ende März 2015).
THEMATISCHER SCHWERPUNKT: DER FEIND IM INNEREN
In vielen Stücken der neuen Spielzeit am Residenztheater richtet sich der Verdacht nach innen, sitzt der (vermeintliche) Feind im eigenen Lager, stellt sich heraus, dass Richter und Täter identisch sind: Das gilt sowohl für die ganz großen klassischen Stoffe wie "Prinz Friedrich von Homburg" und den Mythos von "Ödipus" als auch für modernere Dramen wie Arthur Millers "Hexenjagd". Und insbesondere in den zeitgenössischen Stücken "Die Netzwelt" von Jennifer Haley, Ayad Akhtars Pulitzer-Preis-gekröntem Stück "Geächtet", Peter Handkes "Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rande der Landstraße" sowie in Stefano Massinis "Lehman Brothers" wird der Feind im Inneren besonders deutlich spürbar.
Dieser Themenschwerpunkt geht einher mit der Analyse unserer Gegenwart: Diese ist geprägt von einer Zunahme an Verdächtigungen und der permanenten Beobachtung, einem immer tiefer gehenden Generalverdacht nach Innen. Er zeigt sich nicht nur in polizeilichen Maßnahmen wie der Vorratsdatenspeicherung und der Ausspähung von allen und jedem durch eigene und befreundete Dienste. Er beschränkt sich auch nicht auf die Profile, die die Unternehmen von uns allen erstellen, und an denen wir täglich emsig mitarbeiten, bis die Maschinen in aufmerksamen Teddybären besser als wir selbst wissen, was wir demnächst tun werden. Dieser Generalverdacht gegen uns selbst zeigt sich auch in der steten Forderung nach Selbst-Verbesserung und Optimierung, der wir uns bereitwillig unterwerfen.
Diese Überlegungen waren auch Ausgangspunkt für die Gestaltung des neuen Spielzeitheftes, für das der Münchner Fotograf Sebastian Arlt die Schauspielerinnen und Schauspieler des Ensembles mit verschiedenen Überwachungstechniken porträtiert hat.
REGISSEURE: GROSSE VERBUNDENHEIT MIT DEM RESIDENZTHEATER
Erarbeiten werden diese und andere bekannte Stücke wie Grillparzers "Das goldene Vlies" (Regie Anne Lenk), Tschechows "Iwanow" (Regie Martin Kušej) oder Hašeks "Die Abenteuer des guten Soldaten Švejk im Weltkrieg" (Regie Frank Castorf) neben Martin Kušej Regisseure, deren Zusammenarbeit mit dem Residenztheater inzwischen durch eine enge Verbundenheit geprägt ist; hierzu zählen nicht nur Frank Castorf und Anne Lenk, sondern auch David Bösch, Mateja Koležnik, Tina Lanik, Amélie Niermeyer, Marius von Mayenburg, Philipp Preuss, Thomas Birkmeir und Corinna von Rad. Auch Bernhard Mikeska und Jürgen Kuttner kehren mit zwei Projekten im Marstall nach München zurück.
Ivan Panteleev, dessen Interpretation von "Warten auf Godot" Anfang Mai bereits als Gastspiel aus Berlin am Residenztheater zu erleben ist, stellt sich mit "Philoktet" erstmals in München vor. Und mit Antoine Uitdehaag engagiert das Residenztheater einen Regisseur, der für das Münchner Publikum kein Unbekannter ist.
"Der Feind im Inneren"
Gesprächsreihe mit der Süddeutschen Zeitung
Auf ganz verschiedene Weise ist der Feind im Inneren zur Figur der Stunde geworden: Er wohnt in den Vorstädten unserer Hauptstädte und trifft uns an den empfindlichen Orten unseres freiheitlichen Selbstverständnisses, er gründet rechtsradikale Terrororganisationen mitten im Land und wird von unseren eigenen rechtsstaatlichen Strukturen genährt, er wird zu einem von uns und wir zu ihm, wenn unser Staat argwöhnisch unser digitales Ich zu fassen sucht. Ab März lädt das Residenztheater einmal im Monat gemeinsam mit der Süddeutschen Zeitung zu einem Gespräch in die "Schöne Aussicht" ein, das vor einer inhaltlich angebundenen Vorstellung den Blick auf politische, juristische, gesellschaftstheoretische Fragen rund um den Feind im Inneren lenkt.
Spielzeit 2015/2016
Hier finden Sie eine Übersicht über die Premieren und geplanten Projekte der Spielzeit 2015 16! Weitere Infos zu den einzelnen Produktionen finden Sie auch in unserem neuen Spielzeitheft, das Sie hier herunterladen können (PDF) und hier direkt online durchblättern.